• Decken und Trächtigkeit

Der Züchter muss planen, wann er die ersten Würfe haben möchte. Teilweise werden Januar-Tiere gewünscht, weil man die ersten Jungtierschauen ab Juni besuchen und deshalb über die entsprechenden Tiere verfügen möchte. Andere Züchter wiederum lassen sich – rassebedingt – mit den ersten Würfen bis Februar/März Zeit. Wann auch immer der Züchter seine Häsinnen werfen lassen möchte, er sollte die Geburt der Jungtiere so legen, dass er anwesend sein und den Geburtsvorgang überwachen kann. Der berufstätige Züchter wird an den Wochenenden in den meisten Fällen frei haben und deshalb sollte er die Häsinnen an einem Mittwoch decken lassen, weil – bei einer Trächtigkeitsdauer von 31 Tagen – die Geburt dann an einem Samstag erfolgen würde.

Zum Decken der Häsinnen werden diese in den Stall des Rammlers gesetzt. Man sollte einen Rammler nicht in den Stall einer Häsin setzen, weil er dann durch die ungewohnte Umgebung abgelenkt werden könnte. Der erfahrene Rammler bespringt nach einem mehr oder weniger ausgiebigen Vorspiel die Häsin, um den Deckakt zu vollziehen.

Der Deckvorgang kann noch einmal wiederholt werden, allerdings reicht ein Deckakt völlig aus. Ein mehrmaliges Decken der Häsin erhöht nicht die Zahl der Jungtiere eines Wurfes.

Man kann allerdings – um sicher zu gehen, dass die Häsin auch aufnimmt – den Deckakt etwa zehn Stunden nach dem ersten Decken wiederholen, da zu diesem Zeitpunkt die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung am größten ist.

Einige Züchter decken ihre Häsinnen etwa vierzehn Tage nach dem ersten Deckakt erneut.

Wenn die Häsin dann den Rammler nicht „abbeißt“ bzw. verjagt, ist sie vermutlich nicht trächtig und wird vielleicht jetzt aufnehmen.

Junge Häsinnen, die bisher noch nicht belegt wurden, ducken sich oftmals bei dem ersten Versuch eines Deckaktes, hocken sich in eine Ecke des Stalles oder ziehen ihre Blume zwischen die Hinterläufe, so dass dem Rammler ein Decken der Häsin erschwert oder sogar unmöglich gemacht wird. Hier sollte dann ein erfahrener älterer Rammler eingesetzt werden, der die Häsin leicht stößt oder beißt und sie so in eine andere, bessere Position bringt. Schafft dies der Rammler nicht, kann der Züchter nachhelfen und die Blume der Häsin leicht zur Seite ziehen oder seine Hand unter ihren Bauch legen und sie etwas anheben. Wenn auch dieser Versuch keinen Erfolg bringt, sollte die Häsin am nächsten oder übernächsten Tag erneut zum Rammler gesetzt werden.

Sollten sich Häsinnen absolut nicht decken lassen, kann man ihnen einige Tage vor dem geplanten Deckakt Hafer füttern oder ihnen auch Vitamine in das Trinkwasser geben. In den meisten Fällen werden die Häsinnen dann hitzig und lassen sich decken. Oder man setzt die Häsin einige Stunden vor dem Deckakt in einen leeren Rammlerstall. Auch hierdurch werden die Häsinnen dann meistens „heiß“ und sind dann zum Deckakt bereit.

Ein Grund für das Nichtaufnehmen einer Häsin kann auch eine Unfruchtbarkeit entweder der Häsin oder des Rammlers sein. Eine einseitige Fütterung oder auch zu viel Futter – Verfettung der Tiere – können diese Unfruchtbarkeit hervorrufen. Zum Verpaaren ausgewählte Tiere sollten deshalb mehrere Tage vor dem Deckakt ganz bewusst ernährt werden. Häsinnen dürfen nur noch etwa die Hälfte ihres bisherigen Futters bekommen oder man füttert sie ausschließlich mit Heu und Wasser und kleineren Mengen Möhren oder Rüben.

Während der Zeit der Trächtigkeit sollte der Züchter seine Häsinnen genau beobachten. Sehr früh kann er so bereits feststellen, ob die Häsinnen tragend sind oder nicht. Ein guter Züchter kann bereits nach spätestens 14 Tagen die Früchte im Mutterleib fühlen. Diese Überprüfung geschieht, indem der Züchter mit seiner linken Hand – die Finger werden dabei etwas gebeugt und gespreizt – unter den Hinterleib der jeweiligen Häsin etwa in der Nabelgegend fasst. Nun tastet die Hand in Richtung Becken, wobei – wenn die Häsin trächtig ist – die Föten gegen die gespreizten Finger stoßen. Dieser Vorgang ist jedoch mit äußerster Vorsicht durchzuführen, um die kleinen Lebewesen im Mutterleib nicht zu verletzen!

Trächtige Häsinnen durchwühlen auch oft die Einstreu und zeigen somit ihr „Mutterwerden“ an oder sie zeigen ein verändertes Verhalten. Sonst ruhige und zahme Häsinnen werden sehr aktiv und unruhig bzw. vielleicht auch aggressiv und sonst lebhafte Häsinnen können besonders ruhig oder träge werden.

Sollte sich die anscheinend trächtige Häsin nach etwa 14 Tagen Fellhaare gerupft und ein Nest gebaut haben, ist dies ein sicheres Anzeichen dafür, dass sie nicht aufgenommen hat. Sie sollte dann umgehend erneut einem Rammler zum Decken zugeführt werden.

Der Züchter sollte bei seinen trächtigen Häsinnen rechtzeitig für geschnittene Krallen sorgen, damit die Jungen beim Herausziehen aus dem Geburtsgang nicht verletzt werden. Daneben muss sich der Züchter frühzeitig entscheiden, in welchen Ställen die Häsinnen werfen sollen.

Er darf eine Häsin nicht erst kurz vor dem Werfen in einen Stall setzen, denn sie benötigt einige Zeit, um sich an den eventuell neuen Stall zu gewöhnen bzw. einen geeigneten Platz für den Nestbau zu finden.

Eine trächtige Häsin muss besonders eiweißreich gefüttert werden. Kraftfutter, eine hohe Nährstoffzufuhr und eine möglichst abwechslungsreiche Palette von Futtermitteln sind eine Grundvoraussetzung für das gute Gedeihen der Jungen im Mutterleib. Weiterhin ist darauf zu achten, dass Mineralstoffe der Nahrung beigesetzt werden, denn für die Skelettbildung der Jungen ist Kalk bzw. Kalzium notwendig. Wenn die Häsin derartige Futtermittel nicht oder nicht in ausreichender Form bekommt, zehrt das an ihrem eigenen Körper. Eine trächtige Häsin hat meistens auch einen recht großen Bedarf an Trinkwasser, das ihr in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen ist.

Weiterhin muss der Züchter überprüfen, ob die trächtigen Häsinnen ein Nest gebaut haben. Die meisten Häsinnen beginnen bereits Tage vor dem Werfen mit dem Bau eines Nestes. Überwiegend suchen sie sich eine ruhige Ecke des Stalles aus, buddeln ein Loch, zerbeißen das Stroh und trampeln es platt, so dass hier für die demnächst geborenen Jungen keine Gefahr des Erstickens besteht.

Das von der Häsin zwischenzeitlich gebaute Nest wird von ihr mit Fellhaaren ausgestattet, die sie sich vorher ausgerupft hat. Sollte eine Häsin kein Nest gebaut haben, muss der Züchter ein derartiges Nest anlegen.

Das Nest sollte sich nicht in einer Ecke des Stalles befinden, damit sich die Häsin beim Werfen und späteren Säugen bequem darüber hocken kann. Es sollte auch nicht hoch sondern tief angelegt sein, damit die Jungen, die eventuell nach dem Säugen an den Zitzen der Häsin hängend von dieser aus dem Nest gezogen werden, schnell und leicht wieder nach dort zurückfinden. Ein hoch angelegtes Nest würde für die Jungen einen unüberwindlichen Wall darstellen und sie könnten nicht in das schützende und warme Nest zurückgelangen, weil die Jungen instinktiv immer nach unten krabbeln. Bei niedrigen Temperaturen könnten sie dann an Unterkühlung sterben.

Wenn sich eine Häsin einmal keine Fellhaare ausgerupft haben sollte – dies geschieht hin und wieder bei Häsinnen, die zum ersten Mal werfen -, kann der Züchter nachhelfen und aus dem nach dem Werfen lose sitzenden Brustfell der Häsin Fellhaare ausziehen. Er kann aber auch im Laufe der Zeit Fellhaare von Häsinnen sammeln, die sich in der Haarung befinden oder die sich nach vierzehn Tagen Fellhaare ausgerupft haben, jedoch nicht trächtig waren. Zu beachten ist aber, dass Fellhaare von Häsinnen genommen werden, weil die Verwendung von Rammlerhaaren dazu führen könnte, dass die Häsin dann das Nest zerstört bzw. die Jungen ablehnt.